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„Mit ganzem Herzen lieben“ von Dr. Guy Bodenmann

Wie unsere Beziehung langfristig glücklich bleibt – das erfahren wir im neuen Buch „Mit ganzem Herzen lieben“ von Guy Bodenmann. Gerne veröffentlichen wir hier ein Interview über das neue Buch mit ihm:

Herr Professor Bodenmann, in Ihrem neuen Buch ist Commitment – also das Bekenntnis zum Partner und das Engagement für die Beziehung – das zentrale Thema. Fällt es uns heute schwerer, uns zu „committen“, als den Generationen vor uns?
In gewisser Weise ja. Wir haben heute sehr viel mehr Optionen als früher, sind anspruchsvoller bezüglich Beziehungen geworden und erleben in der Gesellschaft eine zunehmende Optimierungstendenz und Wegwerfmentalität. Diese Einstellungen spielen auch in Partnerschaften hinein. Gleichzeitig kontrastieren sie mit dem ureigenen Bedürfnis nach Geborgenheit und emotionaler Verlässlichkeit.

Suchen heutige Paare wirklich Commitment? Sprechen die hohen Scheidungsraten nicht dagegen?
Paradoxerweise fordert man das Commitment des Partners ein, möchte, dass er sich voll und ganz auf einen einlässt. Sich selber zu committen fällt dagegen vielen schwer. Man möchte sich ein Türchen offenlassen. Und eine Scheidung ist letztlich nichts anderes als das Aufgeben des Commitment eines oder beider Partner.

Wie muss man das verstehen?
Viele denken vor allem an das eigene Glück, zu dem eine erfüllende Partnerschaft beitragen soll. Der Partner soll einen glücklich machen. Man wartet daher gerne ab und prüft, ob er den Ansprüchen gerecht wird. Falls nicht, orientiert man sich anderweitig. Damit man jedoch überhaupt bleibt, muss man sich des Commitment des anderen sicher sein. Das ist die Krux an der Sache. Man fordert vom anderen etwas, zu dem man selber oft nicht restlos bereit ist.

Aber sind überhaupt alle fähig zu Commitment? Sind heute nicht viele beziehungsunfähig geworden?
Die meisten können es, wenn sie es wollten und darin den wirklichen Sinn erkennen würden. Letztlich zeigt man Commitment für die Partnerschaft nicht für den anderen, sondern für sich selbst. Man ist selber interessiert an der Dauerhaftigkeit der Beziehung, daran, dass sie glücklich ist, dass man sich geborgen und getragen fühlt. Commitment ist eine Einstellung. Man muss sich in eine Partnerschaft investieren, das Engagement dafür aufbringen wollen. Es ist eine Frage der Motivation, nicht der Fähigkeiten oder der Persönlichkeit. Kein Commmitment zu zeigen bedeutet, dass man sich nicht sicher ist, ob man wirklich mit diesem Menschen zusammen sein möchte, dass sich die Investitionen in diese Beziehung lohnen. Einige sind nicht fähig zu Commitment aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur oder ihrer Bindungsunfähigkeit, doch das ist nicht die große Mehrheit.

Worin liegt der Nutzen von Commitment?
Eine höhere Beziehungszufriedenheit und insbesondere die Stabilität der Partnerschaft. Während gute Kompetenzen in Kommunikation, gegenseitige Unterstützung und eine erfüllende Sexualität vor allem die Zufriedenheit erhöhen, trägt vor allem Commmitment zur Langfristigkeit bei. Die Frage, ob man zusammenbleibt, wenn es schwierig ist, wird durch die Stärke des Commitment beider Partner entschieden.

Online-Partnervermittlungen, Internet-Foren – die Digitalisierung vereinfacht und vervielfacht die Möglichkeiten, jederzeit neue Beziehungen eingehen zu können, neue potentielle Partner zu finden. Stellt das eine Gefahr für unsere Bindungsfähigkeit dar?
Diese Möglichkeiten bieten verlockende neue Aussichten. Warum sollte man bei jemandem bleiben, mit dem man unzufrieden ist, mit dem es aktuell schwierig ist? Warum soll ich überhaupt in die Langfristigkeit einer Beziehung investieren, wenn es dutzende attraktive Alternativen gibt? Die Antwort ist einfach: Weil wir uns alle nach jemandem sehen, der uns emotionale Sicherheit gibt. Diese finden wir nicht in kurzfristigen Abenteuern oder häufig wechselnden Partnerschaften. Der Mensch braucht Bindung und emotionale Konstanz, nicht nur um glücklich zu sein, sondern auch um gesund zu bleiben.

Läuft das nicht auf ein monogames Beziehungsmodell hinaus?
Das ist die große Frage. Wir haben zwei widerstreitende Kräfte in uns. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach sexueller Selbstverwirklichung. Auf der anderen Seite dieses starke Bindungsbedürfnis und der Wunsch nach Exklusivität für den Partner. Eine tragfähige Bindung und frei gelebte Sexualität stehen im Widerspruch. Der Preis für Bindung ist Treue. Dabei geht es nicht nur um sexuelle Treue, sondern in noch viel stärkerem Ausmaß um emotionale Treue.

Wie meinen Sie das?
Über Jahrtausende ging es um sexuelle Treue. Heute genügt diese nicht mehr. Man hat heute die höchsten Besitzansprüche an den Partner, die es je gab. Auf der einen Seite ist die Gesellschaft liberal, offen und tolerant. Auf der anderen Seite wurde der Partner noch nie so vollständig vereinnahmt wie in unserer Zeit. Man fordert die Hoheit über seine Gedanken, Gefühle und seine Sexualität. Treue wird heute so breit gefasst wie noch nie. Das ist historisch einmalig.

Was bedeutet das für Paare?
Viele sind sich dieser hohen gegenseitigen Erwartungen nicht bewusst. Man denkt, alles sei locker und entspannt. Man wähnt sich in einem großzügigen Kontext und denkt, dass Partnerschaften von alten Zwängen und Moralvorstellungen befreit seien. Wenn man dann merkt, dass dem nicht so ist, kommt das böse Erwachen. Erstaunlich ist, dass nicht nur die Definition von Treue restriktiver geworden ist, sondern auch die Einforderung von Treue in den letzten Jahren gestiegen ist. Während im Jahr 2000 82% Treue als Voraussetzung für das Gelingen einer Beziehung ansahen, waren es 95% fünfzehn Jahre später.

Ist denn Ihrer Meinung nach eine langfristige Beziehung überhaupt möglich?
Ja, absolut. Es gibt viele Beispiele dafür. Es ist nicht nur ein Wunsch vieler, sondern eine Realität etlicher. Doch wie schwierig es auch sein mag, eine glückliche, langfristige Partnerschaft zu führen, dies gelingt nur, wenn beide Partner ein starkes Commitment aufweisen. Wie ein Pflanze muss die Liebe täglich gepflegt werden. Wie man das schafft verrät das Buch „Mit ganzem Herzen lieben“.

Aber mit den Jahren verblasst bekanntlich die Leidenschaft, das Alter nagt an der Attraktivität, die Geschichten sind ausgetauscht, der graue Alltag ist eingekehrt… Wie kann man sich die Liebe bewahren?
Indem man sich am großen Ganzen orientiert und nicht in kleinkrämerischer Haltung über all das klagt, was nicht mehr wie früher ist. Je länger eine Liebe dauert, desto tragfähiger wird sie. Je mehr man in die Beziehung investiert, desto grösser sind die Einträge auf dem Beziehungskonto und damit die emotionale Sicherheit, die verlässliche Bindung. Und das ist es, was wir letztlich suchen.

Zum neuen Buch von Guy Bodenmann „Mit ganzem Herzen lieben, Commitment – wie Ihre Beziehung langfristig glücklich bleibt“, Paperback, ISBN 978-3-8436-1306-4. Gleich in Ihrer Lieblingsbuchhandlung bestellen – es lohnt sich!

Wir sind auch sehr stolz, Dr. Guy Bodenmann zu unserem Beirat zählen zu dürfen! Danke für diesen tollen Beitrag!

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